Die Mein Schiff 1 legt pünktlich um 06.00 Uhr in größten Marinehafen an, kurze Zeit später macht neben uns die kleine Pacific Princess mit gerade einmal 600 Passagieren fest. Wir legen erst morgen um 04.00 Uhr in der Früh wieder ab, reichlich Zeit also, um wenigstens einen kleinen Teil diese Landes zu entdecken.
Im Vorfeld waren wir uns sehr schnell einig, dass wir hier auch an Land gehen. Auch wenn das dazu notwendige Visum kein Schnäppchen (140 Euro/Person!) und ein wenig umständlicher zu beantragen ist, als andere Visa. Man muss den Reisepass, ein Foto im amerikanischen Format und den ausgedruckten Antrag (der auch nicht so einfach auszufüllen ist) einreichen, in unserem Falle geht das dann über das Reisebüro weiter an die Botschaft nach Hamburg. Aber: so schnell kommen wir hier nicht wieder her, also möchte ich auch etwas von Indien sehen.
Die Wetteraussichten sind wieder top: Sonne, 30 Grad und nur eine geringe Luftfeuchtigkeit. Mit Elisabeth und Volker verlassen wir schon früh um 07.30 Uhr die Mein Schiff 1, denn wir müssen mit unserer elektronischen Landgangskarte und der Kabinenkarte im Cruiseterminal bei den Behörden (Immigration) vorstellig werden. Man weiß ja nie, wie lange das dauert. In unserem Fall ging es schnell. Stempel drauf, den Zettel nochmals am Ausgang vorgezeigt, dann den Busshuttle (Pflicht!) zum 3 Minuten entfernten Green Gate Hafentor genommen und so sind wir deutlich vor der verabredeten Zeit für unseren Ausflug am Treffpunkt. Der erste Eindruck: so dreckig ist es nicht und Bettler zeigen sich auch nicht. Dafür Taxen ohne Ende!
Manas Ajgaonkar, gebürtiger Inder, spricht seit erst 18 Monaten Deutsch und das fast perfekt (!) von “Gems Mumbai” treffen wir kurze Zeit später. Unser gebuchter Ausflug “Gateway of India” (INR 4200/Person = 56 Euro für 7 Stunden) kann starten. Im gekühlten Minivan mit Fahrer geht es zunächst in die Stadt. Auf der Fahrt dahin sehen wir die krassen Gegensätze : sowohl schöne viktorianische als auch verfallene Häuser. Auf der Strasse ist ein geordnetes Chaos, viele Taxen dazwischen Mopeds, aber keine Tuk-Tuks, die gibt es nur im Norden von Mumbai. Und alle fahren und hupen gleichzeitig - Lärm ohne Ende! Sehr gewöhnungsbedürftig!!
Wir halten zunächst gegenüber dem im viktorianischen Stil gehaltenen High Court am Kricket-Spielfeld, wo jetzt gegen 9 Uhr schon allerhand los ist. Kricket ist indischer Nationalsport und auf den Plätzen wird rund um die Uhr gespielt, so lange es hell ist.
In den hängenden Gärten, ein kleiner Park oberhalb der Stadt, vertreten wir uns kurz die Füsse. Hier gibt es sogar einen Park nur für Rentner, hier treffen sich die Menschen Ü60 zum Klönen etc. Witzige Idee, oder?
In der Ferne sehen wir das 27-stöckige Wohnhaus Antilia des indischen Millardärs Muskesh Ambani, dort finden sich auf 3 Stockwerken seine Autos, und im 10. Stockwerk hält er seine heilige Kuh. Mumbai übrigens ist die 12-reichste Stadt der Welt und hat mehr Milliardäre als New York!
Nach der Besichtigung des Hindutempels Radhagopinah, wo wir wieder den Elefantengott Ganseha sowie viele in Orange gekleidete Krisnan-Mönche sehen, führt uns Manas durch das Ghandi-Museum. Wir sehen die mit 60.000 Büchern bestückte Bibliothek und erfahren mehr über Ghandis Leben. Das Haus, in dem Ghandi zeitweilig lebte, ist gut erhalten und man bekommt einen guten Einblick in sein Leben und Wirken. Sehr interessant! Die TUI-Ausflügler sind auch schon da und ein wenig neidisch auf uns, denn ihnen erklärt keiner etwas so ausführlich. Schon jetzt hat sich der Ausflug mit Manas gelohnt, so viele Infos und alles ohne Zeitdruck. Und es wird noch interessanter.
Am Churchgate Bahnhof sehen wir die Dabbawallas, von denen gestern die Lektorin erzählt hat. Hier am Bahnhof ist eine Verteilstation, wo die Behälter mit dem Essen sortiert und dann auf Fahrräder oder Sackkarren aufgeladen und weiterverteilt werden. Das System ist zu 99,9 % zuverlässig. Wir sehen dem Treiben ein wenig zu, auf der Strasse der Lärm von Hupen etc.
Dann fahren wir ab dem Churchgaste Bahnhof 4 Stationen mit dem Zug. Der ist an den Seiten offen, es gibt auch Abteile nur für Frauen und in den Stationen ist schnelles Aus- und Einsteigen erforderlich.
Kurze Zeit später sehen wir von oben direkt auf Dhobi Ghat, die größten Waschmaschine der Welt, betrieben von Menschenhand. Wenn man seine Wäsche in Mumbai waschen lässt, dann landet sie mit hoher Wahrscheinlichkeit hier. Hier arbeiten nur Männer und das rund um die Uhr. Von oben können wir die Waschbecken erkennen und viel, viel aufgehängte bunte Wäsche, alles in mehreren Etagen nach einem ausgeklügelten System. Aber stinken tut auch hier nichts, ich bin positiv überrascht. Und die Hitze ist auch erträglich.
Manas zeigt uns einen einheimischen Markt, wo wir die einzigenTouristen sind. Hier wird alles verkauft, Obst, Gemüse, sein Huhn kann man sich aussuchen, dann wird es geschlachtet - wir sind mittendrin im indischen Leben. Bettelnde Kinder gibt es auch, man muss sie aber ignorieren, handelt es sich doch meistens um organisierte Bettelei. Weiter geht's zu einem anderen Markt, wo wir erfahren, wie die Marsalas, die Gewürzmischungen, hergestellt werden. Es riecht gut scharf und ist höllisch laut! Wir kaufen eine Mischung, mal sehen, wie die zu Hause schmeckt.
Auf dem Crawford Markt staunen wir über die Obst- und Gemüsevielfalt. Auch hier ist alles einigermaßen sauber und es riecht lediglich nach Gewürzen. Die Stände sind sehr klein, die Händler sitzen sozusagen in der Mitte der Waren. Ich habe einen Stand nur mit Knoblauch verschiedenster Art gesehen, mittendrin der Verkäufer! An einem Gewürzstand können wir uns durch verschiedenste Sorten Curry probieren und entscheiden uns für Green Curry und Bombay Curry.
Nächster Stop ist Victoria Station (Chhatrapati Shivaji Terminus, kurz CST), das beeindruckendste Beispiel viktorianisch-gotischer Baukunst in Indien. Der Bahnhof wurde zum goldenen Jubiläum von Queen Victoria im Jahr 1887 eröffnet und wird heute von über drei Millionen Fahrgästen pro Tag genutzt. Dementsprechend hektisch ist das Treiben im Inneren des Gebäudes, wo übrigens einige Szenen des Filmes Slumdog Millionaire gedreht wurden. Gegenüber ist das imposante Rathaus (Munincipal Building) mit seinem fast 72 Meter hohen Turm. Hier kommen wir später noch einmal her, denn kurzfristig haben wir zu sechst noch einen Abendausflug mit Manas buchen können. Nervig sind hier allerdings die bettelnden Kinder, die immer wieder an die Scheibe klopfen und vehement um Geld bitten.
Bevor es wieder zum Hafen geht, besuchen wir noch DAS Wahrzeichen von Mumbai: das
Gateway of India, das Siegestor, durch das 1948 die letzten britischen Soldaten ihr Empire verlassen haben und zurück nach England ausgelaufen sind. Gleich nebenan an der Promenade steht das Luxushotel Taj Mahal Palace mit seiner sehenswerten Architektur. Eine Zimmer kostet hier ab 800 Euro aufwärts. Gegen 16 Uhr ist unser erster Ausflug mit Manas beendet. Wir können ihn uneingeschränkt weiterempfehlen, alles war gut organisiert, kleine Gruppengröße, zudem gab es Wasser und Bananen inklusive und wir sind auch an Orten fernab der Touristen gewesen.
Mein Eindruck von Indien: sauberer als gedacht und ohne Hupe geht gar nichts. An den Kontrast Arm-Reich muss man sich gewöhnen und vor allem die bettelnden Kinder ignorieren.
Um 18.15 Uhr erwartet uns Manas erneut, diesmal direkt am Schiff, zusammen mit Kai, Ulrike sowie Elisabeth und Volker geht es mit dem Shuttle raus. Draußen wartet schon Manas Frau und der Fahrer mit einem größeren Auto, auch wieder gut klimatisiert.
Für diesen dreistündigen Ausflug zahlen wir pro Person 30 Euro. Wir werden am Causeway Markt abgesetzt und bummeln im bunten Treiben - es ist viel mehr los als am Tag, auch auf den Straßen - durch die Marktstände, bis wir wieder am Taj Mahal Hotel stehen. Mittlerweile ist es dunkel geworden und viele Gebäude werden in bunten Farben angestrahlt, so auch Hotel und das Gateway auf India. Sieht toll aus und wirkt natürlich ganz anders als am Tag! Mit dem Auto geht es wieder zum Rathaus und Victoria Bahnhof - beides wunderschön in vielen unterschiedlichen Farbtönen angestrahlt.
Auch die sog. Perlenkette, der Marina Drive, die 3,5 km lange Küstenpromenade ist zu dieser abendlichen Zeit sehr voll mit Menschen. Alles ist unterwegs bei immer noch 25 Grad. Am Strand genießen wir indische Snacks: Bohnen und Brot mit Koriander, scharfe Teigtaschen und Pani Puri.
Zurück auf dem Schiff müssen wir die Landgangskarte einwerfen. Wir treffen uns noch auf einen Absacker in der lauen Sommernacht mit Kai und Ulrike in der Außenalsterbar und beschließen so diesen erlebnisreichen und nur positiven Tag - Indien hat mich wirklich überrascht.
Um 04.00 Uhr macht sich die Mein Schiff 1 wieder auf den Weg. Vor uns liegen nun fast 2 ganze Seetage auf dem Weg in den Oman.