Praia da Vitoria / Azoren

Beim Aufwachen ist Terceira, die drittgrößte Insel der Azoren, sowie die Stadt Praia da Vitoria, schon in Sichtweite. Wir befinden uns nun ca. 1.500 km vom portugiesischem Festland entfernt und zum Glück sehr weit weg von Deutschland, wo an diesem Wochenende das Orkantief "Sabine" wütet. Terceira ist übersichtliche 18 km breit und 29 km lang, hat ca. 56.000 Einwohner und wurde im 15. Jh. von portugiesischen Seefahrern als dritte Insel (daher der Name) entdeckt. Und sie ist - im Gegensatz zu den Kapverden - auch deutlich grüner! Möchte man auf eigene Faust vom Schiff zu Fuß los, so kann man entweder die 4 km gut vom Hafen bis in die Stadt direkt auf der Strandpromenade laufen, oder man nimmt den kostenpflichtigen Mein Schiff-Shuttle (9 Euro/Pers.).

Um Terceira näher auf eigene Faust zu erkunden, haben wir eine private Tour in einer Kleingruppe bei Antonio von azor-in gebucht. Antonio macht auf Anhieb einen sympathischen Eindruck und sein Englisch ist gut verständlich. Da er keine weitere Buchungen hatte, sind wir die einzigen Gäste und unsere damit sehr private Tour in seinem Minivan kann losgehen. Vom oberhalb von Praia da Vitoria gelegenen Hausberg Pico de Faco und dem  Miradouro de Facho haben wir bei herrlichem Sonnenschein einen Rundumblick auf die Bucht und den Ort mit seinen 7.000 Einwohner sowie den 1 km langen Sandstrand Praia Grande. In der Ferne sieht man idyllische grüne Weiden mit Steinmauern als Abgrenzung und ganz viele Kühe. Davon gibt es doppelt so viele wie Einwohner, man lebt hier von der Landwirtschaft.  

Kurze Zeit später fahren wir über den langgestreckten Höhenzug Serra do Cume, den Resten eines Kraterrandes, der bis auf 545 Metern Höhe ansteigt. Von Aussichtspunkt  Miradouro da Serra do Cume (siehe Bild) kann man den Krater noch gut erkennen und wir blicken auf eine der schönsten Landschaften der Azoren mit regelmäßig angeordneten Weiden, das sieht fast aus wie ein Mosaik. Bisher habe ich ja nur schwarze, rote oder graue Vulkankrater gesehen - die Fläche hier ist wirklich komplett begrünt! Und die Sicht bei so schönem Sonnenwetter ist natürlich gigantisch, man sieht einerseits weitere Erhebungen von Terceira und in der Ferne den Atlantik.

Im ältesten Dorf der Insel, in Sao Sebastiao besuchen wir die Kirche aus dem 15. Jh. Im Inneren zeigt uns Antonio die freigelegten Fresken an den Wänden, eine Besonderheit, denn sie sind nirgendwo sonst auf den Azoren zu finden. Nach einer kleinen Pause bei Espresso und Orangen-Natas, einer Variante der berühmten Cremetörtchen, erreichen wir über die Küstenstraße und vorbei an vielen Bananenplantagen die Inselhauptstadt Angra do Heroismo. Diese wurde nach dem Erdbeben an Neujahr 1980 wieder aufgebaut und 1983 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.

Nach einem kurzen Halt am Obelisken auf dem Alto da Memoria, der 1856 zu Ehren des Königs Pedro IV. erbaut wurde, fahren wir hinauf auf den Monte Brasil. Dieser erloschene Vulkan ist als vorgelagerte Halbinsel mit der Stadt verbunden. Es ist nicht nur ein beliebtes Naturschutz- und Naherholungsgebiet, man hat von oben einen ersten schönen Blick auf die schachbrettartig angelegte Stadt und die Südküste von Terceira. Dann haben Andreas und ich eine Stunde Freizeit, uns die originalgetreu wiederaufgebaute Stadt anzusehen. Kaum zu glauben, dass das hier alles gerade einmal 40 Jahre alt ist! Wir kommen vorbei an Palästen, bunten Häusern, Museen, der Kathedrale und dem Rathaus. Heute am Sonntag ist in den kleinen Gassen nicht sehr viel los, auch am Strand mit seiner hübschen neuen Promenade finden sich nur ein paar Menschen. Zufällig kommen wir am Jardim Público, dem Stadtpark von Angra do Heroísmo, vorbei. Ein Kleinod mitten in der Stadt, liebevoll angelegt, mit immer blühenden Blumen aus der ganzen Welt, Springbrunnen und Lauben. Mir gefällt die Stadt sehr gut, sie hat Charme und strahlt durch die vielen Farben an den Häusern ein gewisses Flair aus.

Auch das Inselinnere hat einiges zu bieten. Dort findet sich die Caldera de Guilherme, mit 15 Kilometern Durchmesser der größte Krater auf den Azoren inmitten einer Landschaft aus Heide und Wald. Über Stege führt uns Antonio zu den Furnas do Enxofre. Diese Schwefelquellen (man riecht sie, bevor man sie sieht!) sind eindrucksvolle Beispiele für den noch heute aktiven Vulkanismus auf den Azoren und mehr als 2000 Jahre alt. Gerne hätten wir auch die unterirdische Höhle Algar do Carvão besucht, doch sonntags hat sie geschlossen.

Zum Abschluss unserer Rundtour machen wir noch einen Abstecher an die Nordküste. Dort gibt es keine Sandstrände, nur schroffe Felsen und steile Klippen. In Biscoitos kann man in Lava-Pools, künstlich angelegte Schwimmbecken in  schwarzem Lavagestein (siehe Bild), ein Bad im Atlantik nehmen. Die meisten Touristen beschränken sich aber - wie wir - aufs Zuschauen, denn die Wellen kommen mit einer ordentlichen Brandung in die Pools herein geschossen. Biscoitos ist zudem bekannt für seinen Anbau von guten Weißweinen, denn der Lavaboden ist hier sehr gut geeignet.

Leider ist nach knapp 8 Stunden unsere schöne Entdeckungstour mit Antonio zu Ende. Der Tag verging rasend schnell, es hat uns sehr viel Spaß gemacht, denn Antonio ist ein sehr netter und mit 27 Jahren noch junger Guide, der uns die Schönheiten der Insel ohne Zeitstress und ganz entspannt nahe gebracht hat. Und diese Azoreninsel ist wirklich wunderschön!

Ach ja: Antonio hat uns auch erzählt, dass auf Terceira eigentlich jeden Tag die Erde bebt, allerdings minimal und nicht spürbar. So einmal im Monat kann das etwas deutlicher ausfallen, erst letzte Woche wurde er morgens beim Frühstück daran erinnert: Da wackelten 3 Sekunden lang die Gläser im Regal, dann war alles wieder gut. Mir war heute zu keiner Zeit irgendwie mulmig, denn diese "Gefahr" vergisst man angesichts der Natur und anderen Sehenswürdigkeiten, die man hier sieht.

Die Mein Schiff Herz verlässt pünktlich um 19 Uhr den kleinen geschützten Hafen von Praia da Vitoria. Vom Sonnendeck aus werfen wir einen letzten Blick auf diese sehr interessante Insel. Morgen früh erwartet uns mit Sao Miguel schon eine neue Azoreninsel. Ich bin gespannt, was uns da dann an Natur, Orten und Sehenswürdigkeiten im einzelnen erwartet.

Den Rest des Abends lassen wir gemütlich beim Abendessen im Gosch ausklingen. Oben an Deck findet die White Night Poolparty inkl. Schokoladen-Früchte-Buffet statt. Uns ist es zu windig und so verarbeiten wir unsere heutigen Eindrücke lieber bei einem Glas Wein im Innenbereich des Schiffes.

 

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