Bockfjord, Monacobreen und Moffen

In der Nacht überqueren wir den 80. Breitengrad, da hat der Kapitän eines seiner für diese Reise gesteckten Ziele schon erreicht. Beim Aufwachen sehen wir schon größere Eisschollen im Fjord treiben und mit 4 Grad ist es recht kühl. Im kleineren Bockfjord gehen wir vor einer von Eisenoxid rostrot eingefärbten Bergwand – „Old Red“ genannt – vor Anker. Noch vor dem Frühstück geht es wieder in die Zodiacs, um dann im Vulkanhamna, dem Vulkan-Hafen, an Land zu gehen. Dicke Eisschollen bedecken den gesamten Uferbereich, grober Schotter und gewaltige Felsbrocken machen ein Fortkommen auf dem unübersichtlichen Gelände zu einer ordentlichen Herausforderung – übrigens auch für die Eisbärenwächter. Die Orientierung erfolgt wie immer durch die gut sichtbar postierten Experten, die als lebende Wegmarkierungen in Orange dienen. Auf halber Höhe eröffnet sich ein toller Blick zurück in die Bucht. Das Meer ist unglaublich ruhig und das schwarz-weiße Bergpanorama spiegelt sich auf der glitzernden Wasseroberfläche. Weiter oben wartet ein lehmgelber Erdhaufen auf weitere Erkundungen, vulkanische Aktivität ist sichtbar. Rund um ein kleines, grünlich schimmerndes Becken, das Jotunkjeldene – Quellen der Riesen – genannt wird, kristallisiert das stark mineralhaltige Wassers aus. Es ist 24 Grad heiß und lädt, wäre die Quelle größer und das Betreten aus nachvollziehbaren Naturschutzgründen nicht untersagt, ein herrlicher Ort für ein wohltuendes Bad mit Blick über arktische Gefilde. So dürfen wir uns "nur" an diesen Kalksinterterrassen hoch über der Bucht erfreuen - aber auch das ist ein tolles Gefühl hier weit draußen im Niemandsland.

Nach zweistündiger Fahrt erreicht die Hanseatic nature den landschaftlich attraktiven und abwechslungsreichen Liefdefjord. Der Fjord ist etwa 30 Kilometer lang und wird zum Ende hin immer schmaler. Wir driften einige hundert Meter vor der Monacobreen-Gletscherkante. Der Name geht auf Fürst Albert I. von Monaco zurück, der hier im Jahr 1906 eine Expedition durchführte. Uns steht nun die längste Zodiac-Fahrt auf dieser Reise vor: 1,5 Stunden werden wir ein sog. Ice-Cruising erleben, d.h. es geht mit den Zodiacs so dicht wie möglich an den Gletscher. Dick eingepackt sitzen wir im Boot, aussteigen ist ja nicht - und staunen angesichts der verschiedenen Farben und Formen der vorbeischwimmenden Eisschollen. 

Wir fahren durch diese eisige Wunderwelt und staunen und genießen. Plötzlich höre ich Musik, das kann doch nicht sein, oder? Doch, es kann. Vor uns liegt das berühmte Champagnerboot, das uns in dieser sagenhaften Umgebung ein Glas Champagner kredenzt, während Crew-Mitglied Krincee auf seinem Saxophon „Imagine“ von John Lennon spielt. Eine tolle Überraschung, irre, das glaubt einem doch keiner! 

Zum Tagesabschluss passieren wir die winzige Insel Moffen, die schon jenseits des 80. Breitengrades liegt. Ziel ist eine Kolonie von Walrossen, die es sich hier nach ihrer Fast-Ausrottung Mitte des 20. Jahrhunderts gemütlich eingerichtet haben. Tatsächlich sehen wir eine ganze Gruppe dieser gewaltigen Tiere in Strandnähe liegen und einige tummeln sich fröhlich im Wasser. Das Naturreservat ist streng geschützt und deshalb dürfen wir nur bis auf den vorgeschriebenen Mindestabstand von 300 Metern heran. Doch mit unseren guten Ferngläsern können wir sehr gut die eindrucksvollen Stoßzähne der Walrosse erkennen. Mehr als zufrieden beschließen wir den Expeditionstag um kurz vor Mitternacht.

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