7. Tag: Luxor: Theben West

Andreas hat heute Geburstag! Es ist ein besonderer (welcher, wird hier nicht verraten!) und auch der Grund, warum wir nicht zu Hause sind, sondern auf seinen Wunsch hier auf dem Nil. Wahrscheinlich würde man das wohl auch zu einer anderen, etwas kühleren Zeit machen. Deutlich angenehmer ist es dafür in der Zeit zwischen Oktober und März.

An diesem heutigen besonderen Tag geht es wieder früh um 07.00 Uhr im klimatisierten Kleinbus mit Mohamed und Fahrer rüber auf die linke Nilseite, in die Totenstadt nach Theben-West. Der königliche Friedhof hat eine ehrfurchtgebietende Lage in den etwas abgelegenen Felsentälern der Wüste auf dem Westufer des Nils. Die Pharaonen und ihre Höflinge wurden tief im Innern der Berge hinter versiegelten Eingängen beigesetzt. Da man an ein Weiterleben nach dem Tod glaubte, kam dem richtigen Grab große Bedeutung zu, und jeder Pharao begann bereits umgehend nach seiner Ernennung mit dem Bau einer angemessenen Ruhestätte (interessanter Aspekt, oder?). 

Zunächst geht es ins Tal der Könige, wo diese ihre letzte Ruhe fanden – es ist das berühmteste Gräberfeld Ägyptens, mit den Grabstätten der Pharaonen des Neuen Reiches, unter deren Herrschaft Ägypten eine Blütezeit der Hochkultur erlebte. Um kaum einen anderen Ort Ägyptens ranken sich mehr Legenden als um dieses Tal. Bisher zählt man 64 Gräber und die Ausgrabungsarbeiten sind noch lange nicht abgeschlossen.  Laut Mohamed werden jedes Jahr 3  Gräber neu geöffnet und dafür auch wieder andere 3 geschlossen. Sollte man also jedes Jahr herkommen, kann man sich wieder andere Gräber ansehen. Ist ein Grab gefunden, dauert es so schlappe 10 Jahre bis es dann soweit ist, dass es auch für die Besucher zugänglich ist. Generell bestehen  Gräber  aus einem in Stein gehauenen  System von Fluren, Brunnen und Kammern. Reiche Bemalungen zeigen Grabbeigaben, Tiere, Dienstleister und Götter. 

Wir werden mit einem kleinen Shuttle-Bus vom Eingang die 500 m zum Beginn der Gräber gefahren. Es ist wunderbar ruhig hier, da auch hier wenige oder gar keine Touristen sind. Mit dem Eintrittsticket hat man Zutritt zu 3 Gräbern, die man frei wählen kann. 

Fotografieren ist im Inneren der Gräber und Totentempel verboten, man befürchtet, dass der Blitz der Kamera die Wandmalereien schädigt. So kaufen wir ein wenig Bildmaterial in Form von Postkarten als Erinnerung. Außenaufnahmen sind aber erlaubt.

Unsere Besichtigung startet mit dem Grab von Ramses IV. aus der 20. Dynastie gleich rechts am Eingang. Es geht durch einen langen Gang, der wunderschön mit Wandmalereien verziert ist. In der Mitte steht das Grab von Ramses, ebenfalls verziert, sehr hoch und mit einem Deckel verschlossen. So groß und bunt hatte ich mir das gar nicht vorgestellt!

Dann schauen wir uns noch das Grab Ramses II.  sowie von Merenptha, jeweils aus der 19. Dynastie an.

Beide Grabanlagen bestehen aus verschiedenen Gängen und Kammern, es geht schon weiter ins Gestein hinein und auch tiefer runter. Aber zum Glück sind ja für uns Touristen Treppen und kleine Trittstufen vorhanden, so dass es nicht so beschwerlich ist. Das alles gab es früher ja nicht, wenn ich mir vorstelle, wie so eine Grabanlage entstanden ist und wie tief im Berg sie ist. Kein Wunder, dass die Ärchologen sehr, sehr lange suchen mussten, um überhaupt erst einmal die Anzeichen für ein vorhandenes Grab zu finden! 

Ich verzichte hier auf eine ausführliche Beschreibung der Gräber, wer sich dafür interessiert, findet im Internet genügend Informationen. Ich kann nur eines sagen: Das Tal der Könige muss man besucht haben, die Gräber sind wunderschön!

Nicht weg vom Tal der Könige entfernt liegt der  weltberühmte Terrassentempel der Königin Hatschepsut (18. Dynastie, 15. Jahrhundert v. Chr.) in der Felswand von Deir el-Bahari, zweifellos einer der schönsten Tempel Ägyptens und eine Besonderheit in der ägyptischen Architektur. Die Königin Hatschepsut gilt als die einzige Pharaonin des alten Ägyptens. Sie beflügelt noch heute die Phantasien der Menschen und gibt den Wissenschaftlern Rätsel auf. Senemut, der Architekt und Liebhaber Hatschepsuts, erbaute für sie an einer 300 m hohen Felswand den grandiosen Terrassentempel mit Wandbildern, die die Expedition in das sagenhafte Land Punt (heutiges Somalia) darstellen. Der Stil des eigenwilligen Baus aus Kalkstein mutet nahezu modern an. Er ist nicht aus einer einzigen Planung heraus entstanden, sondern erwuchs durch zahlreiche Aus- und Umbauten und Veränderungen zu seiner endgültigen Form eines Tempels.

Der Tempel war für die Opferdienste , die für jeden Toten wichtig waren, gedacht und er war ebenso  ein Heiligtümer der Götter: Hatschepsut stellte sich als Tochter des Himmelsgotts Amun und gleichzeitig als eine Art Inkarnation des Gottes dar. Höhepunkt der zahlreichen Rituale am Totentempel war alljährlich eine festliche Prozession, bei der der Gott Amun von seinem Wohnsitz im Tempel Karnak, der gegenüber, d.h. auf der rechten Nilseite liegt, zu Besuch kam. Immer wieder interessant zu erfahren, welche Geschichte mit einer Sehenswürdigkeit verbunden ist!

Dann laufen wir hoch: ein fast 40 m breiter Weg führt auf die 3 Terrassen des Tempels. Bei der sengenden Sonne  und der Hitze ist das schon etwas anstrengend. Von der obersten Terrasse hat man einen weiten Blick hinein in die karge Landschaft von Theben.  Wächter führen uns herum, gegen ein kleines Trinkgeld, versteht sich. Wir sehen u.a. einen Tempel für die kuhohrige Göttin Hathor. Sie galt als die Fruchtbarkeitsgöttin und wurde hier sehr verehrt.  An der Rückwand des westlichen Säulengangs befinden sich Nischenvertiefungen in der Wand, die für königliche Statuen gedacht waren. Links und rechts zweigen Kapellen ab, die heute jedoch verschlossen sind. Dem Besucher auch nicht zugänglich ist das Allerheiligste, das auf mittlerer Höhe tief  in die Felswand führt. Darin übernachtete einmal jährlich die Barke des Gottes Amun.

Hier in Theben-West gibt es noch ganz, ganz viel zu sehen, möchte mal alles sehen, dann kann man dafür laut Mohamed schon 2 Wochen einplanen. Was man sich auch unbedingt anschauen muss, sind die Memnon-Kolosse direkt an einer Straße, die durch das Tal führt. Die beiden 20 m hohen, sitzenden Kolossalfiguren des Amenhotep III. sind aus Sandstein und die einzigen großen Überreste seines Tempelbaus. Der griechische Name Memnon-Kolosse hat damit zu tun, dass die Griechen die Darstellungen irrtümlicherweise für den Helden Memnon aus der Erzählung vom Trojanischen Krieg hielten. 

In einer Alabaster-Fabrik in der Nähe wird uns vorgeführt, wie Alabaster hergestellt und bearbeitet wird. Im angrenzenden Verkaufsraum gibt es viele Souvenirs aus Alabaster zu sehen. Als Andenken nehmen wir eine kleine Nofrete-Statue mit. 

Zum Abschluss unseres Ausflugs besichtigen wir das Wohnhaus von Howard Carter, das heute ein Museum und eingerichtet ist, wie zu Zeiten Howard Carters. Man befindet sich in seinem Arbeitszimmer, auf dem Esstisch liegen Kopien seiner handschriftlichen Grabungsnotizen. In der Dunkelkammer hängen Abzüge der Grabungsfotos "zum Trocknen". Sein Schlafzimmer, Bad und Küche - alles steht zur Besichtigung offen.  Man könnte denken, der Hausherr ist nur ganz kurz mal weg und steht gleich in der Tür! Wir sehen viele Informationen zur Entdeckung und Ausgrabung von KV 62, dem Grab Tutanchamuns.  Und das hat einen ganz einfachen Grund: Howard Carter war der britische Ägyptologe, der 1922  das nahezu unberührte Grab von Tutanchamun  im Tal der Könige entdeckte und dadurch weltberühmt wurde.  Das Grab Tutanchamuns enthielt insgesamt 5398 Objekte, von denen das bekannteste Fundstück wohl die „goldene Totenmaske des Tutanchamun“ ist. Ein Großteil der Funde aus KV62 befindet sich heute zur Ausstellung oder in den Magazinen des Ägyptischen Museums in Kairo. Der Sarkophag, der äußere der drei Särge und die Mumie Tutanchamuns sind im Tal der Könige verblieben.

 

Auf dem Grundstück des Carter-Hauses befindet sich ein Nachbau des Grabes von Tutanchamun, leider darf man innen nicht fotografieren. Auch dort findet man schöne Wandmalereien sowie Bilder, die mehr Infos zur Grab-Entdeckung und der Nachbaugeschichte liefern. Die mit vielen Wandmalereien verzierte Grabkammer ist über eine kleine Treppe zu erreichen und man darf sie auch - im Gegensatz zum Original - betreten. 

All diese Eindrücke müssen wir erst einmal beim Mittagessen auf dem Schiff verarbeiten. Für den Rest des Tages ist Relaxen angesagt - und Kofferpacken, denn morgen geht es nach Hause.

Das Abendessen ist köstlich - wie immer - und als Dessert gibt  es für Andreas noch eine Überraschung: eine leckere Geburtstagstorte vom Küchenchef! Ich darf auch probieren..

 

Nach dem Abendessen verabschieden wir uns von Mohamed, der in Luxor zu Hause ist und daher die Nacht bei seiner Familie verbringt. Shukran für diese interessante, individuelle Woche.  Wir drücken die Daumen, dass es für das Land wieder aufwärts geht und mehr Touristen die Gegend hier am Nil besuchen.  Auch ich hatte meine Bedenken im Vorfeld, aber kann sagen: Ich  fühlte mich sehr sicher und  zu keiner Zeit in irgendeiner Art und Weise bedroht. Die Landschaft am Nil ist sehr abwechslungsreich, die ägyptische Geschichte mehr als interessant und die Bauwerke absolut sehenswert!

 

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